Objekt des Monats Juli 2020
Objektinfos:
Die Marmorskulptur stellt Klio, die Muse der Geschichtsschreibung, dar. Geschaffen wurde das Werk von dem in Frankenthal geborenen Künstler Philipp Perron.
Klio ist dargestellt als junge Frau mit gerafftem, faltenreichen Gewand und zurückgenommenen Schleier. Ihr Blick ist auf ein aufgeschlagenes Buch gerichtet, dessen Seiten sie mit einem Griffel beschreibt. Die Gestalt steht in elegantem Kontrapost. Das rechte Bein ist entlastet und abgewinkelt, das linke Bein trägt die Körperlast.
Höhe: 92,5 cm, mit Sockel (Plinthe)
Zum Künstler:
Philipp Perron wurde 1840 in Frankenthal geboren. Seine Ausbildung erfuhr er in der Pariser Bildhauerwerkstatt seines Bruders Jean. Danach ging Philipp Perron nach München, wo er die Aufmerksamkeit des bayerischen Königs Ludwig II. gewann. Einem vermutlich in den Bereich der Legenden zählenden Bericht nach soll dem König der kunstvolle Elfenbein-Griff am Spazierstock des Künstlers ins Auge gefallen sein. Die anschließende Karriere des Bildhauers, so könnte man sagen, ist beinahe so märchenhaft wie das Leben des bayerischen "Märchenkönigs". Der König wird sein Gönner und fördert sein Talent. Als Ludwig II. den Bau seiner Prachtschlösser Herrenchiemsee, Neuschwanstein und Linderhof plant, erhält Perron zahlreiche Aufträge.
Auch nach dem tragischen Tod des Königs blieb der Künstler erfolgreich. Seine Werke finden sich auch in seiner Heimat, der damals bayerischen Pfalz; einige davon standen auch in seiner Geburtsstadt Frankenthal. Erhalten ist hier heute noch die "Karolinen-Statue" vor dem Karolinen-Gymnasium am Röntgenplatz.
Philipp Perron starb am 26. Juli 1907. Seine Asche-Urne wurde unter den Arkaden des Campo Santo im Münchner Südfriedhof beigesetzt.
Historischer Kontext: Antike Vorbilder
Die Darstellung antiker Gottheiten und Sagenfiguren erfreute sich im Lauf der Geschichte immer wieder neuer Beliebtheit. Auch im 19. Jahrhundert waren sie als Figuren, Gemälde und Verzierungen gefragt. Musen sind in der griechischen Mythologie die Schutzgöttinen der Künste und Töchter des Gottes Zeus. Jede der insgesamt neun Musen stellt eine bestimmte künstlerische Eigenschaft und Tätigkeit dar. Deshalb wurden die Musen von Künstlern angerufen, um ihr Werk unter den Schutz der Muse des jeweiligen Bereichs zu stellen. Die Musen stehen im Gefolge des Gottes Apoll. Es gab eigene Heiligtümer für sie, die "Museion" genannt wurden. Aus diesem Wort leitet sich übrigens das Wort Museum ab. Es bezeichnet den Ort, an dem die Künste und Musik wohnen.
Auch beim Material stimmt der Bezug des Künstlers auf die Antike: Weißer Marmor war ein beliebtes Material für griechische Plastiken. Besonders begehrt für die Darstellungen von Göttern war der Marmor von der griechischen Insel Paros. Auch im 18. Jahrhundert und noch gesteigerter im 19. Jahrhundert wurde die ästhetische Anmutung der weißen, kristallinen Oberfläche des Materials geschätzt und galt als besonders edel. Dabei spielt hier ein Irrtum mit hinein: Da die meisten Funde antiker Statuen keine Farbe aufwiesen, ging man lange davon aus, dass die Statuen im reinen Weiß des Materials belassen wurden. Heute lassen sich jedoch an einigen Farbspuren rekonstruieren. Viele der bekannten antiken Skulpturen waren also ursprünglich bemalt.
Das Werk Philipp Perrons
Philipp Perron war wesentlich an der künstlerischen Gestaltung der Schlösser Herrenchiemsee, Neuschwanstein und Linderhof beteiligt. Auch im Schwetzinger Schloss finden sich Werke. In Edenkoben steht das aus Kehlheimer Sandstein gefertigte Denkmal König Ludwigs I. von Bayern.
In Frankenthal stand bis zum 2. Weltkrieg ein Krieger- und Ehrendenkmal des Künstlers an der Stelle, an der heute der Rathausbrunnen plätschert. Das Ehrendenkmal für den deutsch-französischen Krieg und die Gründung des Zweiten Deutschen Reiches musste im Weltkrieg einem Löschteich weichen, die Bronzefiguren wurden eingeschmolzen.
In der aktuellen Dauerausstellung des Museums im Rathaus ist ein von Perron gefertigtes Schachspiel aus Elfenbein zu sehen, das dem Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt wurde.