Formschönes Gebäck – Backmodel für Springerle
Passend zur Weihnachtsbäckerei ist das Objekt des Monats Dezember/Januar ein hölzernes Backmodel. Solche Model sind meist aus stabilem Birnbaumholz gefertigt und dienen zum Anfertigen von sogenannten Springerle, einem süßen Anisgebäck. Dieses Gebäck ist vor allem in Süddeutschland, Teilen von Österreich sowie der Schweiz bekannt. Zur Fertigung wird der Holzmodel auf den ausgerollten Teig aus Eiern, Mehl, feinem Zucker und Anis gedrückt, so dass das Motiv den Teig formt. Anschließend wird das Gebäck rundherum zugeschnitten oder mit einem Förmchen zugestochen.
Springerle wurden nicht nur zu Weihnachten, sondern zu Festtagen aller Art hergestellt – sowohl zu kirchlichen Feiertagen im Jahreslauf wie zum Beispiel Ostern und Pfingsten als auch zu familiären Festen wie Hochzeit und Taufe. Dementsprechend vielfältig sind die Motive.
Unser Motiv scheint besonders ungewöhnlich. Es zeigt einen vornehm gekleideten Herrn mit fünf Säuglingen.
Mit den Model werden auch Lebkuchen, Marzipan und Tragant hergestellt. Zudem kommen sie heute auch im kreativen Handwerk und Basteln zum Einsatz: mit ihnen können plastische Papiermotive zum Beispiel für Glückwunschkarten angefertigt werden.
Geschichte
Die Endung -le ist ein im süddeutschen Raum übliches Diminutiv. „Springerle“ bezeichnet also einen kleinen Springer. Warum das Gebäck Springerle genannt wird, ist nicht eindeutig belegt. Vielleicht war der Reiter (Springer) ein beliebtes Motiv, oder „Springen“ bezeichnet das „Aufgehen“ des Teigs beim Backen, der in diesem Fall auf die doppelte Höhe wächst. Das Bild „springt“ so nach oben. Der untere Teil des Gebäcks wird Füßle genannt. Damit das Bild sich beim Backen nicht mehr verändert, muss der ausgemodelte Teigling lange trocknen.
Die ältesten nachgewiesenen Model für Teig gehen auf das Tal entlang des indischen Flusses Indus und bis 2500 v. Chr. zurück. Auch in Ägypten wurden Model aus der Zeit Ramses III. um ca. 1100 v. Chr. Von Ägypten sollen sie sich dann nach Griechenland und das Römische Reich verbreitet haben, so dass man sie auch bei Grabungen entlang des Rheins findet. Früher wurden die Model vor allem aus Ton, Schiefer- und Kalkstein gefertigt, ab dem 16. Jahrhundert wird vermehrt Holz, vor allem Hartholz wie Birnbaum-, Kirsch-, Apfel- und Nussbaumholz, verwendet.
Die Herstellung der Model war zum Teil im Kunsthandwerk angesiedelt – Graveure und Goldschmiede konnten solche fertigen. Aber auch Konditoren und Zuckerbäcker fertigten sie an. Sie sind ein Zeichen der Volkskunst. Nur selten finden sich Signaturen, die auf den Hersteller verweisen. Heutige Model werden meist mit Hilfe von Fräsen hergestellt oder in Kunstholz gegossen.
Motive
Die Motive für Model orientierten sich vor allem früher an den Anlässen, zu denen die Springerle gebacken wurden: Kirchliche Festtage und Feiern gaben besonders ab dem Spätmittelalter biblische Themen vor, während später Alltagsbräuche und Familienfeste Formen wie zum Beispiel ein Kind als Motiv zur Hochzeit für die Braut oder ein ABC zur Einschulung beliebt machten.
Unter den bei Hochzeitsanlässen geschenkten Motiven findet sich das „Fatschenkind“. Der Begriff leidet sich vom Lateinischen Wort fascia = Bündel ab. Gewickelte Kinder als Motiv wünschten der Braut einen reichen Kindersegen. Auch beim Hochzeitsessen spielten sie eine Rolle. Auf dem sogenannten „Brautkuchen“ waren gebackene Wickelkinder angebracht.
Darüber hinaus gab es weitere Motive, die mit Fruchtbarkeit und Kindersegen in Zusammenhang standen, zum Beispiel der bekannte Storch. Unser Objekt des Monats zeigt wahrscheinlich einen „Kinderbringer“ oder „Kindermann“. Dieser tritt in verschiedener Gestalt auf, zum Beispiel als Wandersmann oder Narr. Manchmal trägt er Kinder in einem Korb oder am Körper oder er zieht sie in einem Wagen hinter sich her. Auch eine Frau als Kinderbringerin war ein verbreitetes Motiv auf Gebäckmodeln.
Ein Gespräch zu diesem Objekt des Monats findet am Montag, den 10. Januar 2022, um 16:00 Uhr in der Stadtbücherei statt.
Eine Voranmeldung i. Voranmeldung ist möglich per E-Mail unter museum@frankenthal.de und telefonisch ab dem 4. Januar 2021 unter 06233 89 495 möglich. Es gelten die aktuell vom Land Rheinland-Pfalz vorgebenen Regeln zur Pandemie-Bekämpfung.
Information:
Irina Haas, Sekretariat des Erkenbert-Museums
Erkenbert-Museum Frankenthal
museum@frankenthal.de
Tel. 06233 89-495