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Erkenbert-Museum

Objekt des Monats

September 2022

Wie man früher Getreidemengen maß

Als die Erfindung der Waage noch auf sich warten ließ und vor allem genaue Mengenbestimmungen mittels mechanischer Waagen noch weit entfernt waren, musste man sich beim Kauf und Verkauf von Waren noch auf Hohlmaße berufen.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurden auch für Getreide Hohlmaße aus Holz mit Metalleinsätzen verwendet. Nicht Gewicht, sondern Füllhöhe bestimmten die Menge. Als Objekt des Monats zeigt das Erkenbert-Museum im September ein solches Getreidemaß aus seiner Sammlung.

Objekt des Monats September: Ein Getreidemaß aus dem 18. Jahrhundert - Seitenansicht

Das Objekt ist aus Eichenholz gefertigt und mit Eisenelementen beschlagen. Üblicherweise finden sich auf solchen Maßen Brandzeichen oder Pinselzüge wie eine Eichung sowie ein Kürzel für die verwendete Maßeinheit. Getreidemaße waren nicht einmal innerhalb des deutschsprachigen Raumes einheitlich, es gab unterschiedliche Einheiten, z.B. Malter und Scheffel. Bei Malter und Scheffel wiederum gab es regional noch einmal Unterschiede. Im Raum Mainz-Worms verwendete man das Glattmaßsystem 1 Malter = 4 Viernzel = 16 Kumpf (Mainz)/Vierling (Worms) = 64 Gescheid/Zweiling. Aber schon an den Beispielen Worms, Mainz und Frankenthal wird der Unterschied deutlich:  In Mainz fasste 1 Malter 109,39 Liter, in Worms 111,43 Liter, in Frankenthal 112,12 Liter.

Was für ein wertvolles Gut Getreide ist, spiegelt sich auch in den aktuellen Nachrichten wieder. Getreideknappheit durch Kriege, Missernten und wirtschaftliche Embargos wirken sich nicht nur auf den Brotmarkt, sondern auch auf Futtermittel und damit auf Fleisch aus. Auch Benzinpreis und Ölpreise können gehörig schwanken.

Neben dem Kauf und Verkauf von Getreide kam das Hohlmaß auch bei der Abgabe des "Zehnts" an Grundherren zum Einsatz.

Frankenthal als Marktstadt

Schon zur Zeit des Klosters der Augustiner Chorherren (12.-16. Jahrhundert) mit der noch kargen Bebauung auf Frankenthaler Gemarkung wurden auf dem heutigen Rathausplatz einzelne Waren angeboten. Mit den reformierten Glaubensflüchtlingen aus den Niederlanden und Frankreich, die Frankenthal im späten 16. Jahrhundert zur Stadt ausbauten, florierte dann das Marktwesen erstmals, und es gab in der Stadt gleich mehrere spezialisierte Märkte, z.B. für Feldfrüchte, Vieh, Fleisch und Töpferwaren. 1689 lag Frankenthal wörtlich als "verbrannte Erde" als Opfer des Pfälzer Erbfolgekrieges darnieder, aber Stadt und Marktwesen sollten sich bald wieder aufschwingen:

Frankenthal erhielt 1744 das Privileg, einen eigenen „Fruchtmarkt“ für Getreide und Korn, aber auch Vieh, abzuhalten. 1771 ordnete die Regierung an, dass die Bauern des nördlichen Oberamtes Neustadt und des südlichen Oberamtes Alzey, ihr Getreide nur auf dem Fruchtmarkt in Frankenthal verkaufen dürfte. Hintergrund war die Förderung der merkantilistischen "Fabriquenstadt", zu der Carl Theodor ab 1755 die Stadt Frankenthal ausbauen ließ. Jeder Getreidehandel außerhalb der bestehenden Fruchtmärkte wurde verboten. Der Frankenthaler Markt wurde eine Zeit lang zum umsatzstärksten Getreidemarkt der Kurpfalz; sein Mittelpreis bestimmte die Mannheimer Brottaxe.

Um Platz für einen großen Markt zu schaffen, wurden Teile des Augustiner-Chorherrenstifts (von dem heute noch die "Erkenbertruine" zeugt) niedergelegt. Das Gelände lag hinter dem 1755 gebauten Rathaus, das wiederum an selber Stelle stand wie das heutige Frankenthaler Rathaus. Marktplatz war also neben dem heutigen Rathausplatz auch der heutige Platz zwischen der Erkenbertruine/Zwölf-Apostel-Kirche und Willy-Brandt-Anlage: Hier fand der Kornmarkt (=Fruchtmarkt, Getreidemarkt) statt. Alt-Frankenthaler nennen dieses Areal deswegen auch heute noch oft "Kornmarkt".

Landwirtschaft in Frankenthal im 18. Jahrhundert

Im Frankenthaler Raum stieg der Getreidepreis nach dem Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) rasant an, da Plünderungen und Versorgung von Truppen bei den Truppendurchzügen sowie eine Reihe harter Winter und Missernten eine Knappheit verursachten. 1701 lag der Preis für 1 Malter Korn bei 2 Gulden 30 Kreuzer; 1713 hatte sich der Preis verdoppelt.

Im weiteren 18. Jahrhundert spielte die Landwirtschaft in Frankenthal eine wichtige Rolle: 1770 sind 210 Getreideanbauer in der Stadt aufgeführt – das heißt, fast in jedem 2. Haus wurde Getreide angebaut! Auf der Frankenthaler Gemarkung nahm Ackerland den Großteil der Fläche ein. Die Verarbeitung der Feldfrüchte erfolgte in Frankenthal in der Stadt- oder Rheinmühle an der Isenach (heute Europaring Höhe Titus). Um den Kornmarkt herum standen Fruchtmagazine, die in den Revolutionskriegen durch französische Truppen abgebrannt wurden.

Information:

Irina Haas, Sekretariat des Erkenbert-Museums

Erkenbert-Museum Frankenthal

museum@frankenthal.de

Tel. 06233 89-495

Objekt des Monats September: Ein Getreidemaß aus dem 18. Jahrhundert - Boden

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