Fotografie und Nostalgie
„Du hast den Farbfilm vergessen!“ sang bereits Nina Hagen in ihrem Schlager aus dem Jahr 1974. Knapp drei Jahre nach ihrem Erfolgshit kam die Land-Kamera des Herstellers Polaroid auf den Markt. Das Modell reihte sich dabei in eine bereits seit mehreren Jahrzehnten bestehende Tradition von Polaroid-Kameras ein und erfreute sich auf Anhieb einer besonderen Beliebtheit. Durch die sofort erstellbaren Positivbilder kam man ohne einen (Farb-)film aus, der erst nachträglich entwickelt werden musste. Demgegenüber standen gewisse qualitativ-optische wie auch praktische Einschränkungen, die aus heutiger Sicht allerdings auch den Charme der Polaroids ausmachen. Das Modell erwies sich als ein weit verbreitetes und beliebtes Massenprodukt seiner Zeit. Es fand seinen Weg über eine Schenkung in die Sammlung des Erkenbert-Museums.
Materialien: Kunststoff, Metall
Maße (ohne Blitzlicht-Aufsatz): L: 11 cm; H: 9 cm; T: 14 cm
Format: Polaroid SX-70
Fotografie im „Retro-Look“
Als besonders markant und zeittypisch hebt sich der der regenbogenartige Streifen auf der Gehäusefront hervor. Mit der relativ einfachen Bauweise geht auch eine Verringerung von Handhabung und Möglichkeiten einher. Der Fokus des Kunststoff-Objektivs (Fixfokus 1:14,6/103 mm) bleibt mit ebenfalls fester Blende unverstellbar, lediglich die Verschlusszeit lässt sich über einen Regler anpassen. Die Qualität der Fotografien ist auch bei Außen-Aufnahmen stark an ausreichende Lichtverhältnisse gebunden. Tatsächlich speist sich die Stromversorgung nicht aus einer Batterie, sondern ausschließlich aus der Film-Kassette. Nach Betätigung des Auslösers erledigen die Abzüge alle weitere Arbeit von selbst. Das Phänomen des Bild-Schüttelns oder Wedelns führt übrigens nicht zu einem früheren oder gar besseren Ergebnis, sondern kann die Qualität des Fotos sogar vermindern. Stattdessen ist es wichtig, die Beschichtung für einige Minuten dunkel zu halten, bis sich das Bild vollständig aufgebaut hat.
Sofortbildfotografie im kulturgeschichtlichen Kontext
Das Konzept der Sofortbildfotografie im moderneren Sinne wurde 1947 von Edwin Herbert Land entwickelt. Die eigentliche Innovation des US-amerikanischen Physikers bestand hierbei weniger in der Kamera selbst, als vielmehr in den eigenständigen Filmkassetten. Die Grundlage boten Lands patentierte Polarisationsfolien, die auch namensgebend für die von ihm in den 1930er Jahren gegründete Polaroid Corporation wurden. Wenngleich das Unternehmen ursprünglich auch andere technische Bereiche belieferte, wurden Fotoapparate – und Filme rasch zu dem Markenkern, mit dem der Name Polaroid bis heute verbunden ist. Das Unternehmen selbst blieb bis 2008 in dieser Tradition bestehen.
Die Kamera, für deren Modell-Serie Land natürlich der Namensgeber ist, stellt die kostengünstigere Fortsetzung der Land SX-70, mit deren Film-Format sie ebenfalls kompatibel ist, und genau hiermit gehen auch die „klassischen“ Polaroid-Abzüge auf Papier einher. Schon im ersten Verkaufsjahr 1977 erzielte das Modell als erschwingliches Massenprodukt Rekordgewinne. Die Sofortbild-Fotografie selbst blieb allerdings immer ein gesonderter Teilbereich, gegenüber den klassischen – vielseitigeren – analogen Filmen. Im Digital-Zeitalter stehen die Polaroids somit sinnbildlich für eine längst vergangene Epoche.
Bereits seit einigen Jahren erleben die 1980er Jahre ein popkulturelles Revival, das sich im Setting erfolgreicher Serien und Filme widerspiegelt. Natürlich darf auch die Fotografie als alltagskulturelles Element hierbei nicht fehlen. Die Land-Kamera, an der für einen Sofortbild-Fotografen der späten 70er und frühen 80er Jahre kaum ein Weg vorbeiführte, ist hierbei besonders beispielhaft für die („Retro“-)Fotografie.
Information:
Irina Haas, Sekretariat des Erkenbert-Museums
Erkenbert-Museum Frankenthal
museum@frankenthal.de
Tel. 06233 89-495