Lesebücher und Fibeln
Das erste Lesebuch aus der Grundschulzeit hat für viele Menschen einen besonderen Stellenwert. Es steht für den spielerischen Weg zum Lesen und Schreiben, wobei sich das Grundprinzip bis heute nicht verändert hat. Aus einer zunächst unergründlich langen Abfolge von unbekannten Zeichen an der Schultafel erschließt man sich nach und nach deren Bedeutung. Von der Unterscheidung einzelner Wörter führt der Weg über einfache Sätze bis hin zu ganzen Texten, Dialogen, Liedern und Gedichten. Begleitet wird der Inhalt von passenden Illustrationen und der Stoff selbst folgt einer übergeordneten Geschichte mit wiederkehrenden Figuren.
Im Falle des ausgestellten Buches stehen die Kinder Lotte und Hans im Vordergrund die – mal in Begleitung ihres Hundes Rolf oder eines neckischen kleinen Kaspers – kleine Abenteuer zwischen der Kinderwelt und dem Alltag der Erwachsenen bestehen.
Fibeln und Kinderbücher im Allgemeinen spiegeln auch immer den Zeitgeist wider und sind somit selbst „Kinder ihrer Zeit“. Im pädagogischen Sinne ist es daher auch im Falle der ausgestellten Fibel naheliegend, z.B. die Frage nach den vermittelten Rollenbildern von Mädchen und Jungs zu stellen, denen – ob nun von den Autoren beabsichtigt oder nicht – auch Lotte und Hans folgen.
Frankenthal als wichtiger Schulstandort der Region
Frankenthal wird dank des breiten Angebot an unterschiedlichen, auch weiterführenden Schulen als „Schulstandort“ bezeichnet und erfüllt wichtige Bildungsaufgaben auch für das Umland. Dies war bereits im 18. Jahrhundert so, als Frankenthal als „dritte Hauptstadt der Kurpfalz“ große Bedeutung und damit sogar Anspruch auf Lehrkräfte für Lateinschulen hatte. Wie in der gesamten Entwicklung des Schulwesens liegt auch in Frankenthal der Ausgangspunkt der Schulbildung bei den Kirchen. Schon im Chorherrenstift des 13.-16. Jahrhunderts dürfte es neben der Schreibschule des Skriptoriums eine Stiftsschule gegeben haben, in der mindestens die Novizen des Stifts, womöglich aber auch andere Jugendliche ausgebildet wurden. In der Zeit der Glaubensflüchtlinge bis zur Zerstörung der Stadt 1689 in Folge des Pfälzer Erbfolgekriegs ist eine Lateinschule am Kreuzgang nachweisbar. Schulen waren in dieser Zeit konfessionell getrennt und sollten es, mit kurzer Unterbrechung in den Jahren nach der Französischen Revolution, lange bleiben. Aufgrund des zunehmenden Schüleraufkommens kamen in Frankenthal stetig mehr Schulen hinzu; mit dem 1779/1789 gegründeten „Erziehungshaus für protestantische junge Frauenzimmer“ (später „Philanthropin“) war Frankenthal sogar eine der Vorreiterinnen in der höheren Mädchenbildung. Auch die heutigen Vororte, darunter Flomersheim, verfügten spätestens seit dem frühen 19. Jahrhundert über Grundschulen, die bis in die 1950er Jahre noch als Volksschulen organisiert und bezeichnet wurden. Ebenfalls Anfang des 19. Jahrhunderts kam eine erste Lehranstalt für taubstumme Kinder hinzu, die später nach ihrem ersten Leiter in „Augustin-Violet-Schule“ und PIHK umbenannt wurde. Die Fibel aus den 1950ern Jahren fällt in die Anfangszeit eines umfassenden Schulbauprogramms in Frankenthal und seinen Vororten aufgrund erneut deutlich steigender Zahlen von Schülern aus Stadt und Umland. Angesichts dieser langen Geschichte Frankenthals als Schulstadt ist nicht verwunderlich, dass viele Schulen wie auch die heutige, in dem Gebäude des 1817 gegründeten ehemaligen kurfürstlichen Progymnasiums angesiedelte Förderschule Tom-Mutters-Schule historische, teils unter Denkmalschutz stehende Bauten sind.
Zusatzinfos:
Das „Objekt des Monats“ ist ein gemeinsames Projekt des Erkenbert-Museums und der Stadtbücherei, bei dem im Wechsel besondere Objekte des Museums in einer Vitrine im Eingangsbereich der Stadtbücherei ausgestellt werden. Hintergrund ist die derzeitige Schließung des Museums aufgrund anstehender Sanierungsarbeiten. Das Museum wird in dieser Zeit mit einer Reihe von Aktionen und Ausstellungen unter dem Motto „Das Museum in der Stadt“ für die Öffentlichkeit sichtbar bleiben.
Ort der Ausstellung „Objekt des Monats“: