Die Analyse der Akten, Zeitungsartikel und Zeitzeugengespräche hat deutlich gemacht, dass die Struktur der NS-Herrschaft in Frankenthal durchaus allgemeinen Entwicklungstendenzen entspricht, in einigen Aspekten aber auch Besonderheiten aufweist, die es ermöglichen, manches, was bislang von der allgemeinen Forschung eher holzschnittartig dargelegt worden ist, differenzierter zu sehen. So hat sich gezeigt, dass die NSDAP in Frankenthal lange Zeit kaum Resonanz fand. Zwar wurde die Ortsgruppe der Partei bereits 1922 gegründet und war damit eine der ersten in der Pfalz; bis Anfang der 30er Jahre blieb sie aber eine unbedeutende politische Kraft, die in der von der Sozialdemokratie, der rechtsliberalen DVP und dem politischen Katholizismus dominierten lokalen Politik ohne größeren Einfluss war.
Die Weltwirtschaftskrise und die Massenarbeitslosigkeit, die auch den Mittelstand immer stärker in Mitleidenschaft zog, führten dann freilich auch in Frankenthal zu einer extremen politischen Radikalisierung, von der in erster Linie die NSDAP profitierte. Dies erklärt auch, warum die Machtübernahme der Partei und die Eliminierung der Demokratie im Frühjahr und Sommer 1933 ohne größere Widerstände verlief und sich die meisten der nicht verbotenen und aufgelösten Vereine und Verbände, die Presse, Beamte, Lehrer, Industrielle und Künstler widerspruchslos, ja teilweise sogar mit Begeisterung dem neuen Regime zur Verfügung stellten. Ganz offensichtlich trauten viele der Regierung Hitler die Lösung der anstehenden Probleme eher zu als den traditionellen politischen Kräften und Eliten. Hinzu kam, dass in der Grenzregion Pfalz, die bis 1930 von französischen Truppen besetzt war, die nationalistische Propaganda der NSDAP auf äußerst fruchtbaren Boden gefallen war. Offene Unterstützung fand das NS-Regime vor allem im mittelständisch-protestantischen Milieu der Stadt. In der Arbeiterschaft und unter den Katholiken was sich am Beispiel Eppstein und Studernheim deutlich illustrieren lässt überwog zunächst die Skepsis, die mit den zunehmenden wirtschafts- und außenpolitischen Erfolgen Hitlers in den folgenden Jahren aber deutlich nachließ. Trotzdem war die Zahl der Frankenthaler, die wegen "staatsfeindlicher" Äußerungen oder Handlungen ins Visier des staatlichen Repressionsapparates gerieten - die Zahl der Gestapo-Akten belegt dies - relativ groß.
Zur wachsenden Akzeptanz des NS-Staates in der Arbeiterbevölkerung der Stadt trugen vor allem die zahlreichen sozialpolitischen Initiativen, die propagandistische Aufwertung des "Arbeiterstandes" (1. Mai!) und der umfangreiche Siedlungsbau bei, der mit der Errichtung der Ostparksiedlung und der Marinesiedlung wesentlich zur Beseitigung der Wohnungsnot in der Stadt beitrug. Dass die Pläne für diese Siedlungen bereits vor 1933 existierten, lange Zeit aber nicht realisiert werden konnten, schien für viele den "Aufbauwillen" des neuen Regimes besonders sinnfällig zu demonstrieren. Ähnliche Bedeutung hatte die Hilfe für die Schnellpressenfabrik Al-bert, die im Februar 1935 aufgrund wirtschaftlicher Probleme Konkurs anmelden musste und nur mit massiver Unterstützung der NSDAP-Gauleitung ihren Betrieb einige Monate später wieder aufnehmen konnte. Unübersehbar ist aber, dass trotz dieser Initiativen die in Frankenthal überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit erst nachhaltig abgebaut wurde, als Mitte der 30er Jahre die ersten Rüstungsprogramme anliefen und auch die örtlichen Unternehmen in diese Programme aufgenommen wurden - was einmal mehr deutlich macht, wie sehr das "Stammtischbild" vom NS-Staat bis heute von Un- und Halbwahrheiten geprägt ist.
Eines der wichtigsten Elemente der NS-Herrschaft in der Stadt war die seit 1933 immer mehr forcierte Mobilisierung und Reglementierung der Öffentlichkeit durch die NSDAP, die SA, die NS-Frauenschaft, die HJ und die zahlreichen anderen nationalsozialistischen Organisationen. Immer häufiger prägten Aufmärsche, Sammlungen, politische Feste und NS-Feiern das Bild der Stadt. Sport, Kunst und Kultur wurden für die Ziele des Regimes instrumentalisiert, die bürgerliche Gesellschaft wurde zur "Volksgemeinschaft" und individuelle Freizeit zu "betreutem Feierabend", der mit der Eröffnung des Feierabendhauses auch einen zentralen Bezugspunkt erhielt. Repression traf jene, die - wie einige Kommunisten, Linkssozialisten und Sozialdemokarten - aktiven Widerstand leisteten oder - wie die Juden und die Patienten der Heil- und Pflegeanstalt - nicht ins nationalsozialistische Weltbild passten. Wer sich anpasste, kam ungeschoren davon. Insgesamt gesehen war der Spielraum des einzelnen aber größer als bisher angenommen. So gab es beispielsweise bei der Stadtverwaltung durchaus Beamte, die nie Mitglied der Partei waren und sich kaum an den öffentlichen Veranstaltungen beteiligten, trotzdem aber Karriere machten. Die spätere Ausrede "Ich musste doch!" war häufig nicht mehr als eine Schutzbehauptung.
Weit über die Grenzen der Stadt hinausreichende Bedeutung hatte Frankenthal zum einen als Justizzentrum mit Gefängnis, Amtsgericht, Landgericht, Sondergericht für politische Fälle und Erbgesundheitsgericht, das über Sterilisationen und ähnliche Fälle entschied und zum willigen Helfer der abstrusen NS-Rasse-Gedanken wurde. Zum anderen nach Kriegsbeginn als Standort des zentralen Stammlagers für Kriegsgefangene des Wehrkreises XII Wiesbaden (Stalag XIIB) und als zentraler Verteilungsort für die in der Region eingesetzten Zwangsarbeiter, von denen allein in Frankenthal mehrere Tausend zum Einsatz kamen.