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8 Erkenbert-Ruine

8. Erkenbert-Ruine

Wie durch ein Portal in die Vergangenheit, so fühlt man sich beim Betreten der mittelalterlichen Ruine unweigerlich in eine Epoche zurückversetzt, die man sonst nur aus Geschichtsbüchern und historischen Romanen kennt. Während nur wenige Meter weiter auf dem Rathausplatz das moderne städtische Leben pulsiert, scheint es, als sei innerhalb der altehrwürdigen Mauern die Zeit stehengeblieben. 

 

Die Ruine der Stiftskirche St. Maria Magdalena, im Volksmund Erkenbert-Ruine genannt, ist das älteste Bauwerk der Stadt. Sie war das Gotteshaus des Augustiner Chorherrenstifts Groß-Frankenthal, das im Jahr 1119 durch Erkenbert, den Sohn einer Wormser Domkämmerer-Familie, gegründet wurde. 

1562 hob Kurfürst Friedrich III. das Kloster auf und stellte die Stiftsgebäude sowie die Kirche calvinistischen Glaubensflüchtlingen aus den Niederlanden gegen Mietzins für deren Ansiedlung zur Verfügung. Aus dieser Gemeinschaft, die zu einem großen Teil aus Handwerkern wie Tuchmachern, Malern und Goldschmieden, aber auch aus Kaufleuten bestand, entwickelte sich die heutige Stadt.

Klosteranlage und Kirche wurden im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Besatzer 1689 niedergebrannt. Heute wird die mittelalterliche Ruine gerne für kulturelle Veranstaltungen wie Freilicht-Kino, musikalische Aufführungen und Theaterstücke in besonderem Ambiente genutzt. 


Erkenbert-Ruine
Ruine der Stiftskirche St. Maria Magdalena, im Volksmunde Erkenbert-Ruine genannt
  • Das Chorherrenstift im Wandel der Zeit 

    Die Entstehungsgeschichte des Augustiner Chorherrenstifts Groß-Frankenthal führt auf eine Zeitreise in das Hochmittelalter. 

    Der aus Worms stammende und als sehr fromm geltende Erkenbert, Sohn einer wohlhabenden Dom-Kämmerer-Familie, entsagte nach schwerer Erkrankung dem weltlichen Leben. Er fasste den Entschluss seinen Glaubensbrüdern einen Ort der Zuflucht und Gemeinschaft zu schaffen und gründete auf einem Grundstück im benachbarten Frankenthal das Augustiner Chorherrenstift Groß-Frankenthal. 

    Im Jahre 1119 legte man den Grundstein der Stiftskirche, die bereits sechs Jahre später, am 12. Juni 1125, durch den Wormser Bischof Burchard II. (genannt Buggo) zu Ehren der heiligen Maria Magdalena geweiht wurde. Am 23. Januar 1134 bestätigte Papst Innozenz II. in einer Bulle die Stiftung schriftlich und bekräftigte somit die Privilegien des Klosters.

    Mit der Gründung des Chorherrenstifts und des damit einhergehenden wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwungs, erlebte das damalige Dorf Frankenthal eine erste bemerkenswerte Blütezeit.

    Ein Brand im April 1171 beschädigte die Kirche, eine Weihenachricht von 1181 betrifft wohl den Abschluss der Wiederaufbauarbeiten. Um 1200 wurde der noch bestehende Lettner begonnen und im 14. Jahrhundert gewölbt, als auch das Langhaus mit großen Spitzbogenfenstern versehen wurde.

    1562 hob Kurfürst Friedrich III. das Kloster auf und stellte die Stiftsgebäude sowie die Kirche calvinistischen Glaubensflüchtlingen aus den Niederlanden gegen Mietzins für deren Ansiedlung zur Verfügung. Aus dieser Keimzelle, die zu einem großen Teil aus Handwerkern wie Tuchmachern Malern und Goldschmieden, aber auch aus Kaufleuten bestand, entwickelte sich die heutige Stadt.

    Im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Besatzer 1689 niedergebrannt, wurde von der Stiftskirche nur der Chor notdürftig wiederhergestellt. 1820 wurde dieser schließlich bis zum Lettner abgetragen und musste dem Neubau einer großen protestantischen Pfarrkirche weichen. Der Chorflankenturm wurde der neuen Kirche zugeschlagen. Die Reste der Stiftsanlage dienten als Steinbruch oder gingen im Rathausbau des mittleren 18. Jahrhunderts auf. 

    Die verbliebenen Umfassungsmauern des Kirchenschiffs wurden 1912 bis 1914 nach Plänen des Stuttgarter Architekten Heinrich Henes zum Einbau des stadthistorischen Erkenbert-Museums und eines Ratssaales genutzt. Im Zweiten Weltkrieg erneut ausgebrannt, wurden 1960 die Reste der An- und Einbauten größtenteils entfernt.

 

Die Frankenthaler Bibel von 1148

Das Augustiner Chorherrenstift verfügte über ein angesehenes Skriptorium, eine Schreibwerkstatt, in der eine Vielzahl an bedeutenden Manuskripten verfasst wurden. Im Jahr 1148 entstand hier die Frankenthaler Bibel in zwei großen Folianten mit einer Blattgröße von etwa 534 bis 360 mm. Ausgestellt wird das historische Schriftstück heute in der British Library in London.

 

Erkenbert-Ruine

Bedeutungsvolles Mauerwerk

Die Erkenbert-Ruine verleiht dem Stadtkern ein mittelalterliches Flair. Ganz besonders sehenswert ist das westliche Eingangsportal:

Vögel mit ausgebreiteten Flügeln zieren das Säulenwerk, während auf dem Fries über dem Tor sechs steinerne Drachen ruhen. Die Verzierungen im Mittelpunkt des Portals erinnern an eine Fabel des griechischen Dichters Aesop, in der ein Kranich mit seinem Schnabel einen Knochen aus dem Hals eines Wolfs zieht. 

 


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