Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Bürger und Bürgerinnen!
Seit 23 Jahren bin ich in meiner Heimatstadt in öffentlichen Wahlämtern tätig, davon seit 14 Jahren in höchsten Spitzenämtern der Stadt. Seit 2016 darf ich als Oberbürgermeister die Verwaltung leiten und bei der Gestaltung der Stadt maßgeblich Verantwortung übernehmen. Diese Aufgabe ist mir bis heute eine Ehre. Ich habe mich immer mit ganzer Kraft und Hingabe zum Wohle der Stadt eingesetzt.
Wir konnten gemeinsam die Stadt voranbringen. Wichtige Gewerbeansiedlungen sind erfolgt. Mehrere tausend Arbeitsplätze sind in Frankenthal neu entstanden. Wegmarken für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung wurden gesetzt. Mit der Aufnahme in das Förderprogramm „Lebendige Zentren“ haben wir die großartige und einmalige Chance, Innenstadt, Bahnhofsumfeld und Museum massiv voranzubringen und zukunftsfähig zu gestalten. Die Versorgungsqualität und Patientensicherheit in der Stadtklinik wurden verbessert; in wenigen Wochen wird der Spatenstich für den Anbau der Psychiatrie und weiterer Facheinheiten vorgenommen.
Ich konnte in meinem Amt sehr schöne Momente und diese mit großartigen Menschen erleben. Leider gab es von Anfang an aber auch schwierige Zeiten und Dinge, die mich persönlich sehr getroffen haben.
Das Amt des Oberbürgermeisters fordert mich täglich bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit und oft auch darüber hinaus. Ich erinnere an die Flüchtlingskrise 2015/ 2016 und die Klinikaffäre 2019. Seit 2020 beschäftigt uns die Corona-Pandemie. In diesem Jahr kamen die Energiekrise und der Krieg in der Ukraine hinzu, ohne dass andere Aufgaben weniger geworden sind.
Alles dies erfordert einen hohen persönlichen Einsatz, den ich vor dem Hintergrund meiner persönlichen Lebensumstände so nicht für weitere acht Jahre einbringen kann. Bisher habe ich über diese nicht in der Öffentlichkeit gesprochen, da ich Privates privat halten möchte.
In den zurückliegenden Jahren haben mich meine Eltern und mein persönliches Umfeld immer stark unterstützt, wofür ich sehr dankbar bin. Ich möchte nun als alleinerziehender Vater weiterhin meiner schönsten Verantwortung nachkommen und vor allem meinem jüngsten Sohn die Aufmerksamkeit zukommen lassen, die er benötigt und verdient.
Alle diese Umstände führen dazu, dass ich in meinem Amt als Oberbürgermeister nicht immer so verfügbar und aufmerksam bin, wie ich das von mir selbst erwarte. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich mit den Gedanken woanders bin oder gehetzt wirke. Gerne wäre ich Beteiligten, Vereinen, Institutionen und Menschen mit mehr Aufmerksamkeit begegnet.
So wie die Bürger die Verwaltung teilweise als umständlich empfinden, so habe auch ich manchen Kampf innerhalb der Verwaltung und des Rates als sehr belastend, langwierig und bremsend empfunden. Das Amt des Oberbürgermeisters beinhaltet für mich, nicht nur populäre Entscheidungen zu treffen. Man muss auch aushalten können, dass richtige Entscheidungen steinige Wege mit sich bringen können.
Leider musste ich vielleicht gerade auch deshalb an mir selbstkritisch beobachten, dass die stetige Belastung bei mir Spuren hinterlassen hat und mich mitunter fahrig werden ließ. Ich habe Eigenschaften an mir festgestellt, die ich so nicht an mir sehen möchte.
Ein Wahlkampf erfordert weitere Zeitfenster, die ich nach meinem persönlichen Dafürhalten – ohne Abstriche bei der Erfüllung meiner täglichen Amts- und Vaterpflichten – nicht mehr erbringen kann und will.
Daher habe ich mich nach 23 Jahren in der Kommunalpolitik dazu entschieden, nach dem Ende meiner Amtszeit keine öffentliche Person mehr sein zu wollen. Ich habe mich immer in den Dienst der Stadt und der Sache gestellt, aber ich bin kein Oberbürgermeister, der auf jedem Fest anzutreffen ist. Ich habe immer meine fachliche Erfahrung und Kompetenz für die Stadt eingebracht. Das war mir wichtig.
Deshalb möchte ich Ihnen heute mitteilen, dass ich 2023 nicht mehr für das Amt des Oberbürgermeisters kandidieren werde. Ich bin froh, diese Entscheidung getroffen zu haben. Es ist für mich die richtige Entscheidung.
Natürlich ist damit auch Wehmut verbunden. Viele Projekte, die man auf das Gleis gesetzt hat, werden erst in einigen Jahren vollendet sein. Solche persönlichen Empfindlichkeiten können aber nicht Richtschnur einer Entscheidung wie dieser sein. Denn letztlich wird man in seinem Berufsleben nie fertig. Wenn man beruflich etwas Neues machen möchte, dann ist jetzt die Zeit dafür.
Nun freue ich mich auch auf eine neue Zeit, in der ich einfach einen Kaffee trinken gehen oder mich ans Klavier setzen kann. Ich möchte mich früheren Hobbys widmen, einen gemeinsamen Ausflug machen und vieles mehr. All das ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel zu kurz gekommen. Vor diesem Hintergrund schafft mir meine Entscheidung vielleicht auch in Zukunft mehr Freiräume, an die ich bisher nicht zu denken wagte.
Den Frankenthaler Bürgerinnen und Bürgern danke ich für meine Zeit im Rathaus. Bis zum Ende meiner Amtszeit am 31.12.2023 stehe ich weiterhin im Dienst der Bürgerschaft und freue mich auf die verbleibende Zeit und Projekte.
Herzliche Grüße
Martin Hebich